Dienstag, 30. September 2008

Kino Kino!

Wir waren heute Nachmittag unvorhergesehen im Kino - der Baader-Meinhof-Komplex. Den Trailer hatte ich mehrmals gesehen und war recht neugierig.

Dazu muss ich sagen: Ich bin Jahrgang '82 - ich habe von der RAF eigentlich nichts mitbekommen. Im Rückblick weiß ich noch, die rot umrandeten Suchplakate in der U-Bahn-Unterführung gesehen zu haben, das war aber eher schon in den frühen 90ern. In der Schule lag der geschichtliche Fokus eher auf dem 1000-jährigen Reich (höhö) und irgendwelchen prä-christlichen Kulturen, so dass mein Wissen über die bundesdeutsche Geschichte irgendwann um 1995 oder so einsetzt. Klar, ein paar Daten habe ich auch aufgeschnappt: die verschiedenen Kanzler, die Gründung der BRD und der Bundeswehr (eher berufsbedingt), die Wiedervereinigung, auch die Geschehnisse um Olympia '72 und die entführte Landshut kenne ich grob, aber eher durch die Inflation des Begriffs "Terror" in letzter Zeit. Ein paar historische Umstände kenne ich, weil Begleiterscheinungen erst in letzter Zeit ans Licht kamen (der steinewerfende Joschka zum Bleistift).

Hinzu kommt, dass ich hier im doch eher mehr oder weniger Rechts angehauchten Bayern noch viel Linker wirke, als ich eigentlich bin. Perfekte Vorraussetzungen für diesen Film also....

Den Rest des Abends habe ich dann in der Wikipedia verbracht.

Es ist unglaublich (... mir fehlt ein adäquater Ausdruck), was die jüngere deutsche Geschichte so alles zu bieten hat. Da gibt es den Anwalt von Terroristen, der nach deren Freilassung selbst zum Terroristen wird. Verteidigt wurde er (Horst Mahler, wen es interessiert) 1970 von Otto Schily, der nach der Todesnacht von Stammheim allen Ernstes dem Staat die aktive Schuld in die Schuhe schieben wollte. Damit nicht genug, 1980 wurde er mit Hilfe seines neuen Rechtsanwaltes Gerhard Schröder vorzeitig entlassen und erhielt 7 Jahre später mit dem gleichen Anwalt seine eigene Zulassung als Anwalt zurück. Seit 2000 ist er übringens Mitglied der - ihr erratet's nie: der NPD. Welch ein Wandel.

Fasziniert hat mich auch Andreas Baader: in einer Studentenbewegung, der lauter Studierte und Intelligenzler angehören, ist er mir mit seiner Wortwahl ständig aufgefallen. Er schwankte zwischen gewählt gebildeten Worten, die ihm aber irgendwie gezwungen über die Lippen kamen, und einer Gossensprache mit starken Macho-Einschlägen. Ich glaube, der hat im ganzen Film nicht einmal "Frau" gesagt, der kannte wohl nur nicht jugendfreie Ausdrücke dafür. (Klar, war nur ein Film, deshalb war ich neugierig: Baader hatte mit dem studierten Pack nichts gemein, ist mehrmals von irgendwelchen Schulen geflogen und war vorbestraft wegen Autodiebstahls, Dokumentenmißbrauchs und Fälschung. Ich habe keine Ahnung, wie er dahingeraten ist, wo er dann war.)

Der Autor vom "Baader-Meinhof-Komplex" ist auch nicht ohne: ganz am Anfang arbeitete er mal für das gleiche Magain wie Ulrike Meinhof, und ER war es, der ihre beiden Töchter aus Sizilien holte. Irgendwie hatte ich mir einen, der für derart viele (und in meinen Augen gar nicht schlechte) Dokumentationen verantwortlich zeichnet, irgendwie ...unabhängiger vorgestellt.

Davon abgesehen habe ich heute aber Einblicke in die deutsche Geschichte (und die heutige Situation) erhalten, die ich mir schon viel früher mal hätte aneignen sollen. Aber besser spät als nie! ;-)